Archive for September, 2010

Misty Mountain 2010

Misty Mountain

Ein Festival-Bericht unserer neuen Redakteurin, Lilli:

Das Misty Mountain in Igensdorf versprach ein kleines, sehr feines Festival zu werden. Mit hohen Erwartungen machten wir uns also zu zweit, am 20.8., auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, auf den Weg in die Fränkische Schweiz.

Herrliches Wetter und die Bahn zeigt sich auch von ihrer zuverlässigen Seiten, so erreichen wir unser Zielgebiet ordnungsgemäß. Dort angekommen haben wir allerdings einige Probleme, den Weg zum Veranstaltungsort zu finden. Wir machen einen unfruchtbaren Abstecher in ein Feld, belästigen ahnungslose Bäckereiverkäuferinnen und dienen der allgemeinen Belustigung der schilderverdrehenden Igensdorfer. Auf kleine Ernüchterungen waren wir gefasst und finden trotz oberbayrischer Inkompetenz nach weiterem, ausdauernden Gelatsche doch endlich den Weg zum besagten „nebligen Berg“.
Nun hätte die müde Lilli doch tatsächlich noch betreffenden hohen Berg
(eher ein hoher Hügel) zum Festival erklimmen müssen, wären da nicht
zwei Retter in einem schwarzen Kleinwagen erschienen, die mich und
meinen Freund, in ihrem Kofferraum, neben einer, wie sich später
herausstellt, Pissrinne sitzend, nach oben bringen. Danke noch einmal.
Der Veranstaltungsort stellt sich als gerodete und mit Obstbäumen neu
bepflanzte Bergkuppe dar. Umgeben von einem duftenden Nadelwald und
schattigen Obstbäumen ist dieses schöne Fleckerl Erde auch nur ganz
sporadisch von anderen Festivalbesuchern bevölkert, die fluchend ihreGeonosis
Zelte aufbauen und sich dabei von den neugierigen Schlupfwespen ärgern
lassen.

Alle hier scheinen sich schon zu kennen und fast jeder hat einenVIP-Pass. Von diesem Klassentreffen lassen wir uns vorerst nicht beeindrucken und suchen uns ein hübsches Plätzchen unter einigenKirschbäumen um dort unser Zelt aufzuschalgen und zu warten.

Ca. 16:30 und das Festival beginnt mit Geonosis, deren Name, natürlich
ganz zufällig, an Star Wars denken lässt. Sie rocken das blau-weiß
gestreifte Bühnenzelt und man möchte sie gerne mit Karma to Burn
vergleichen: geniale Riffs, eindrucksvolle Drums, komplett ohne Gesang
und die Wertschätzung der Firma Engl überzeugen vollends.

Zwanzig Minuten später bringen uns die Nürnberger von Omega Soul zum
Headbangen. Ihre Musik kommt daher wie sehr doomige Spiritual Beggars,
deren Sänger sich auf Fränkisch über die Hitze aufregt. Wir sind vom
Stoned ja ganz andere Temperaturen gewohnt und beobachten in der
Umbaupause die anderen Festival Besucher, immer wider sieht man sie
Zusammenzucken, ihre Getränke verdecken oder nach leerer Luft schlagen
und man weiß: da hat wider jemand Angst vor den Wespen. Obelyskkh

Es werden nun immer mehr. Besucher, nicht Wespen, es geht nämlich auf
sechs Uhr zu, Obelyskkh Time!
Heavy Psych und Doom, diese Mischung lässt uns gemütlich in der Wiese
liegen. Das und das überfüllte Zelt.
Die letzten Töne von Obelyskkh werden noch genossen und da treibt es
mich auch schon wider auf die Beine, Hunger aber vor allem die
Vorfreude auf mein persönliches Highlight des Abends: Stonebride sind in zwanzig
Minuten dran! Es wird sich eine Stärkung gegönnt, 1,50 für eine Portion leckerer
Pommes sind echt preiswert genauso die 2 Juronen für ein kühles Bier,
das macht Laune. “The burden of modern life has never been heavier and STONEBRIDE is here to share it with you!“ Ja, da sind sie auch schon, alter Vater! Die Kroaten habens drauf und der Name ist Programm. Stoner vom feinsten, mal trocken und hart, dann wider psychedelisch und verspielt. Genau wie Neil Fallon, mit dem ihn auch noch eine dezente Ähnlichkeit verbindet, greift der Sänger Krnfa selbst ab und an zur Gitarre. Die entstehenden langen Jam-Parts und absolut simultanen Taktwechsel haben einen ähnlichen Effekt wie  StonebrideSongs von Tool: der Hörer wird immer wieder aufs neue überrascht von den sich verändernden Rythmen und ist gezwungen sich an eine andere Entwicklung des Songs zu gewöhnen, der
am Anfang vielleicht mit einigen doomigen Gitarrenriffs begann, dann trockener und schwerer wird, mit verzerrtem Gesang geht es über zum – wer weiß? – Endpart, der, ähnlich wie händchenhaltenderweise mit Mary Jane über eine Mars Wüste zu hüpfen, mit den immer noch trocken, nach Blues, klingenden aber auch irgendwie unschuldigen Sounds, ein Paradoxon an sich ist. Bis die Musik jeden endgültig in das Land des Headbang Deliriums gezogen hat. Nun ist der Song zu Ende, nein doch nicht, der Drummer reißt noch einmal eindrucksvoll die Arme hoch um dann auf seine Drums zu dreschen, ein letzter Akkord lässt den Kopf noch ein einziges mal Nicken und damit sind die fünfzig Minuten, die uns vergönnt wurden, auch schon wider um.
Aber zum Glück gibt es noch den Merch-Stand, an dem ich mich auch unverzüglich mit den letzten beiden CDs der fünf Herren, Inner Seasons und Summon the Waves von den Berliner Setalight Records veröffentlicht, uJUDnd einem hübschen Shirt eindecke. Da erscheinen sie auch noch neben mir, meine Helden. Um ein Autogramm bitten trau ich mich nicht, aber ich biete dem Gitarristen Tjesimir eins meiner Brausebonbons an, welches der auch, ganz freiwillig, entgegennimmt und zu dessen Verzehr sogar seine Pfeife aus dem Mund gibt. Ach, sie haben schon Stil, diese Herren. Das war definitiv besser, als von John Garcia angeschwitzt zu werden.

Eine halbe Stunde später stehen auch schon JUD auf der Bühne. Ein
deutsch-amerikanisches Trio mit Beziehungen zu Mondo Generator und The
Fulbliss
, so hören sie sich auch an. Fieser, punklastiger Rock der so
machen zum Pogen einlädt.

Anders so das ebenfalls aus Kroatien stammende Trio Seven That Spells. Aggressiver, psychedelischer, polyrythmischer Sound vermischt mit ihrem kroatischen Blues und den “Occasional viking funeral rites“. Davon, punkig zu klingen, ist der bärtige Sänger und Gitarrist Niko weit entfernt, wenn er verkündet “We are a band from the 26th century, where Girls have Dicks a Men have Vaginas“.

Zu guter Letzt dann Seven That Spellsnoch Union of Sleep. Sehr gemütliche, zwischen Doom
und Sludge anzusiedelnde Musik, macht dieses Quintett aus Hagen. Zu
dieser Stunde dann noch einer Band lauschen zu dürfen, die mein
Bedürfnis nach Schlaf zwar wohl nicht nachvollziehen, aber dennoch in
ihren Namen implizieren können, ist der perfekte Abklang dieses
Festivals.

Das Misty Mountain hielt sein Versprechen. Sehr klein und sehr fein. Die Atmosphäre war familiär, ähnelte einer Gatrenparty. So waren nicht nur die, mit Ohrschützern versorgten, kleinen Kinder dort willkommen, zu später Stunde ließen sich auch noch einige Senioren auf dem Gelände antreffen. Das Motto “One Day of Love, Peace and Loud Music” war sehr treffend gewählt.
Das Equippment wurde mit einem etwas größeren, am nächsten Tag
stattfindenden Elektronik-Event geteilt, wodurch ein unerwartet großes
und preiswertes Angebot an Kulinarischem vorhanden war. Aber auch beim
technischen Equippment war ein großer Aufwand registrierbar, der auf
das darrauffolgende Festival schließen ließ, wie z.B. die Lichttechnik und
die hinter der Bühne angebrachten Monitore.

Nächstes Jahr bin ich da wider.

lilli

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Beehoover – Concrete Catalyst

Beehoover oder Die Kunst Krach zu machen.

Concrete Catalyst

Beehoover

Beehoover stehen für brachialen, experimentierfreudigen Doom/Noise-Rock. Das deutsche Duo liefert uns mit Concret Catalyst ihr drittes Studioalbum und damit ein weiteres, dass dem Hörer derbe eine auf die Fresse gibt. Allein mit den kreativ-knallenden Drums und dem abgefahren-effektiven Bass, schaffen es die Beiden einen Soundwall zu erzeugen der einen gegen die Wand drückt. Mal ein fetter Riff, mal verwaschenenes Soundgewichse und dann sogar ein bisschen Drone sind zu hören. Nur selten zeigen Beeehoover uns auch ihre ruhige Seite, wie in den Songs Rocking Chair und Wilde Gees Yell. In letzterem hören wir gar keine Instrumentalisierung nur Regen und Donner, unterlegt mit dem Sprechgesang von Ingmar.
Der erste Song Oceanriver ist aber das, worauf Beehoover-Anhänger sicherlich wirklich gewartet haben und noch immer abfahren. Ein heftiger Riff und Gesang, der einen mit einem mulmigen Gefühl zurücklässt und dabei stets “drückt” ohne Ende. Der Bass von Ingmar Petersen wird dabei so gespielt und befingert, dass man meint die unterschiedlichsten Gitarren und Bässe zu vernehmen.
Concrete Catalyst ist wie Beehoover es schon immer waren, laut und einzigartig.
Der geliebte Live-Bruder Ulme, setzt da eher auf die bestechende Kombination aus Melodie und Krach. Beehoover ist und bleibt auch mit dem neuen Album nur was für harte Jungs, wobei wir natürlich auch hier die Melodie finden, nur eine die nicht ganz so leicht zu durchschauen ist.
Auch die letzten beiden Songs Counted Is Bygone und Trainer, sind schnelle, progressive Songs, bei denen Ingmar laut brüllt, anstatt auf seinen hypnotischen Gesang zu setzen. Nebenher spielt sich Claus-Peter (wie gewohnt) die Seele aus dem Leib. Heftig.
Anders als das Cover es annehmen lässt sind die Songstrukturen nicht fragil und zerbrechlich, vielmehr scheinen diese auf dicken, unerschütterlichen Säulen zu stehen.

Fans der Band kommen hier sicher auf ihre Kosten. Beehoover sind noch immer Beehoover. Alle anderen brauchen sicher eine Weile um sich an den etwas verstörend Sound von Beehoover zu gewöhnen. Leider fehlt dem Album das gewisse Etwas. Heavy Zooo war da innovativer, stimmiger und dabei trotzdem irre. Abgefahren ist auch Concret Catalyst, vielleicht konnten aber in den 30 Stunden Aufnahmezeit einfach nicht ganz das eingefangen werden, was ich mir erhofft hatte. Egal, live ist das nochmal eine ganz andere Geschichte, da zeigen die Jungs dann was ihr neues Material wirklich taugt. Ohropax nicht vergessen!

1. Oceanriver
2. Five Minutes of Resistance
3. Sultana
4. Rocking Chair
5. A Poem
6. Wild Geese Yell
7. The Dragonfighter
8. Counted is bygone
9. Trainer

Laufzeit: ca. 50 min.

Anspieltipps: Oceanriver, Sulatana, Rocking Chair

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The Grand Astoria – II

The Grand Astoria sind eine noch recht junge Band aus Russland, genauer gesagt St. Petersburg. Das Quartett besteht aus Kamille Sharapodinov (vocals,guitar),
Igor Suvorov (guitar), Farid Azizov (bass) und Nick Kunavin (drums) und der Bandname entstammt einem Hotel in ihrer Heimatstadt. Ihren Stil kann man knapp mit Psychedelic-Prog-Stoner umschreiben. Obwohl sie sich erst im April 2009 gründeten, liefern sie schon ihren zweiten Longplayer ab.
Und der hat es in sich! Zwar befinden sich “nur” fünf Stücke auf dem Album, aber die mit einer guten Dreiviertelstunde Gesamtspielzeit. Da kann man sich auch mal die Zeit nehmen auf jeden einzelnen genauer einzugehen.

Enjoy The View heißt das erste Stück, das mit einer knappen Viertelstunde zugleich das längste ist. Zum Anfang erklingen Stimmen, die wie aus einem alten Radio zu kommen scheinen und dazu Marsch-ähnliches Schlagzeugspiel. Das ganze wird von sanften Gitarrenakkorden aufgelockert. Ab Minute Zwei kommt dann auch die Leadgitarre dazu und untermalt alles mit schön ruhigen Melodien, die Stimmen verschwinden zunehmend, tauchen aber immer wieder kurz auf. Der Bass schaltet sich ein und auch das Schlagzeug spielt jetzt songdienlich mit. So geht es bis zur fünften Minute weiter, dann setzt der erste richtige Riff ein, wenig später beruhigt sich alles wieder. Kurz sind nur die Stimmen da, minimalistisch von den einzelnen Instrumenten getragen, dann wieder der rockige Riff…in diesem Wechsel geht es ersteinmal weiter. Später spielen die Drums wieder im Marschrhythmus und es darf gejammt werden, Minute Zehn ist erreicht. Psychedelische bis doomige Riffs wechseln mit Feedback-Noise-Leads und die letzten zwei Minuten kommt der Song zum ruhigen ausklingen. Schon der erste Titel ist also eine kleine musikalische Weltreise.

Der zweite Song trägt den knappen Titel: The Inner Galactic Experience Of Emily Dickinson And Sylvia Plath. Jetzt geht es etwas beschwingter zur Sache – Die Anfangsmelodie, die sich im ganzen Lied immer wieder einschleicht, bringt das Tanzbein zum schwingen. Zwischendurch gibt es nette zweistimmige Soli, teilweise in irrem Tempo. Auffällig an dem Titel ist aber etwas anderes, es ist der einzige mit Vocals auf dem Album. Nun könnte man mutmaßen, dass die vereinzelte Kritik einiger Hörer (zum Beispiel auf der LastFm-Seite von TGA nachzulesen) am Gesang den Anlass dazu brachten, die Gesangsparts zurückzuschrauben, oder ob es die Band einfach songdienlicher fand, die Vocals in den anderen vier Stücken wegzulassen. Kamille ist beileibe nicht der weltbeste Sänger, aber das waren Ozzy, Garcia oder Homme auch nie. Meiner Meinung nach tut es dem Song aber keinen Abbruch, ich finde es sogar passend gerade diesem flotteren Titel mit etwas Gesang zu untermalen.

Zur Halbzeit gibt es mit Visit Sri Lanka eine zweieinhalbminütige, musikalische Landschaftsbeschreibung. Ähnlich wie Costa Verde vom letzten RotoR Album.
Ein sehr atmosphärischer Song mit Urwald-Trommelklängen und Sitar-änlichem Gitarrenspiel. Schön zum träumen.

Nach der kurzen Reise folgt Wikipedia Surfer. Der Titel kommt ruhig und bedächtig daher, steigert sich aber nach ca. Zwei Minuten langsam mit feinen Bass-Grooves und wiederrum herrlichen Psychedelic-Leads. Ungefähr bei der Hälfte klingt das Wechselspiel der Gitarren wie ein Synthesizer bevor abgehackte Stoner-Riffs den Song bis zum Ende hin nochmal richtig pushen. Das alles wechselt wieder mit zweistimmigen Solieinlagen, kurzen Verschnaufpausen und Vollgas.

Das Ende macht dann Radio Friendly Fire. Das der Zwölf-Minuten-Song aber alles andere als “Radio Friendly” ist, dürfte uns genauso klar sein wie es uns egal sein wird. Die Stimmen vom ersten Titel tauchen wieder auf, von bedächtigem Saitenzupfen und ruhigem Schlagzeug begleitet. Im Laufe des Stücks wird dann alles verbraten, was das Equipment der beiden Gitarristen an Effekten hergibt. Das wird dann auf Dauer aber auch ein bisschen anstrengend für den Zuhörer, vorallem da sich dieses Effektgewitter ein gutes Stück hinzieht. Aufs Ende dann werden zwar auch noch ein paar fettere Riffs gerockt, aber da die Stimmen in dem Song bis zum Ende nicht verstummen, muss man nach dem Album erstmal frische Luft schnappen oder einen Kurzen kippen. Was für ein Trip!

Für all diejenigen unter uns, denen das ein bisschen zu viel sein sollte, haben die Jungs von TGA netterweise auf ihrer LastFm-Seite kürzere Versionen der Songs, sogenannte “Radio-Edits” zum kostenlosen (!) Download bereitgestellt. Das knapp gehaltene Visit Sri Lanka gibt es sogar in Originallänge. Erstklassiger Service!

Aber davon unbeeindruckt gehts zur Wertung über:
Zugegebenermaßen musste ich das Album ca. zwanzig mal komplett durchhören, bevor ich irgendetwas schreiben konnte. Einfach zu viel, zu groß, zu weit, als das alles nach einem Durchlauf im Kopf hängen bleiben könnte. Aber das zweite Album von TGA lässt sich mit gutem Wein vergleichen: Beide reifen mit der Zeit. Und wenn man das Gesamtwerk erst ein paar mal durch seine ganzen Gehirngänge hat wirken lassen, wird man zum gleichen Schluß kommen wie ich: Verdammt starker Tobak, aber trotzdem grandios, progressiv, mutig, eigenständig und ziemlich beeindruckend, vor allem da die Band noch keine zwei Jahre existiert.

1. Enjoy The View (14:49)
2. The Inner Galactic Experience Of Emily Dickinson And Sylvia Plath (7:40)
3. Visit Sri Lanka (2:43)
4. Wikipedia Surfer (9:02)
5. Radio Friendly Fire (12:18)

Gesamtspielzeit: 46:32

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