Archive for August, 2010

Hypnos 69 – Legacy

Progressive, Psychedelic, Stoner, Space, Jazz – Hypnos 69 und Genrebezeichnungen? Nein danke…

Legacy

Hypnos 69

Wer die Geschichte um Hypnos 69 etwas verfolgt hat, weiß wo die Belgier ihre Ursprünge haben. Waren sie Ende der 80er/Anfang der 90er noch unter anderen Namen in politisch orientierten Punkrock und Grindcorebands unterwegs, hat sich ihr Stil in den nächsten zwei Jahrzehnten immer weiterentwickelt. In den 90ern kamen dann schon die 70er-Elemente  dazu, womit 1994 der Name in Hypnos 69 geändert wurde.
Im neuen Jahrtausend wurden dann Fans von progressivem Psychedelic-Rock gleich mit 4 Alben bedient. Seit 2004 unter elektrohasch records sind wir jetzt im Jahr 2010 beim fünften Album angekommen. Und das hat es in sich! Legacy – Das Erbe.

Wer sich die CD (oder Doppel LP) zulegt, nimmt sich ganz schön was vor. Am besten hält man sich ein ganzes Wochenende frei. Denn das 72 Minuten lange Legacy erfordert volle Aufmerksamkeit.
Schon den ersten Song Requiem (for a dying Creed) kann man stellvertretend für das ganze Album ansehen. Der 18 Minuten lange Song selbst ist nochmal in 3 Teile unterteilt. Ähnlich einer klassichen Komposition. So enthält Teil 2 tatsächlich die „Reprise“ des ersten Teils.
Requiem geht sofort aufs Ganze. Der Hörer wird von einer schweren Gitarre und schnellem Schlagzeug ins Album reingezogen und lässt kaum Zeit zum verschnaufen. Gleich darauf folgt ein episch anmutendes Zwischenstück das von der hohen Gitarre geführt wird und nach zwei Minuten setzt der Gesang ein. Mit rotziger Stimme und einem Riff der sogar die ein oder andere NWOBHM-Band erblassen lassen würde hammert der Song weiter. Nach knapp vier-einhalb Minuten wird dem Hörer eine Pause gegönnt.

Hier kommt Teil zwei (von Song eins wohlgemerkt) Visions mit einer viel ruhigeren Seite von Hypnos 69 ins Spiel. Hier gibt es Flöte, eine geheimnisvoll gespielte Gitarre, Hintergrundgemurmel und beklemmender Gesang. Nur wird dieser hier ganz anders eingesetzt als noch zu Beginn. Steve Houtmeyers klingt hier als wohle er verführen, locken, hypnotisieren. Schlagartig setzt plötzlich ein Saxophon ein und nimmt uns zurück zum Anfang des Songs. Wir sind gefangen zwischen Jazz und Space. Gitarre und Saxophon duellieren aneinader. Die Gitarre gewinnt die Überhand und spielt sich in Extase um dann nach knapp 10 Minuten wieder vom mächtig eingängigen Riff und dem gerade zu Heavy Metal-lastigen Anfangsteil eingeholt zu werden. Eddie und seine eiserne Jungfrau sollten den Hut ziehen.
Nicht das Hypnos 69 in irgendeiner Form hier Metal zelebrieren würden… nein. Das hier geht weit darüber hinaus.

Die Belgier scheren sich ganz offensichtlich einfach einen Dreck um Genrebezeichnungen. Sie ziehen ihr Ding durch und arbeiten sich dabei durch alles was mit Stoner Rock in irgendeiner Weise in Verbindung gebracht werden kann. Das geht soweit, dass vom Stoner am Ende schier gar nichts mehr übrig bleibt.
Gut so. Mittlerweile sind wir nämlich im dritten Teil des ersten Songs angekommen. Hier wird das Tempo um einiges zurückgeschraubt und wird hören eine psychedelische Rockballade. Immer wieder werden Elemente des Anfangs aufgenommen und verarbeitet. Der Song liefert ein beeindruckendes Crescendo mit einem Gitarrensolo, dass sich die letzten Minuten nochmal verspielt dem Anfangsteil widmet.
Wow. Was war das? Fragt man sich nach diesem Song. Versucht man die Instrumentation in Worte zu fassen scheitert man an der Vielfalt. Sucht man nach einem Genre könnte man ein dutzend nennen; oder keines. Der Song spiegelt im großen und ganzen das Album dar.

Meiner Meinug nach ist es nur leider so, dass der erste Song tatsächlich gleich den besten darstellt. Ich habe mich über eine Stunde nur dem ersten Song gewidmet. Um ihn zu verstehen und ganz aufnehmen zu können. Schreitet man dann fort zum Rest des Albums ist man vielleicht etwas enttäuscht. Nicht das der Rest schlecht wäre. Der nächste Song An Aerial Architect (angelehnt an ein Zitat von Isaac Newton) überzeugt durch die Kombination von Saxophon und Gitarre. Diese spielen sich Motive zu und entwickeln den Song weiter. Das Ganze knallt immernoch, ähnlich dem ersten Song mit viel Jazz und Space.
Leider fehlt den folgenden Songs wie My Journey to the Stars und The Sad Destiny We Lament der rockige Groove vom Anfang des Albums. Hier stehen Balladen und Melodien im Vordergrund. Nur selten hört man nochmal die verstrickte Instrumentation und beeindruckende Riffs. Dieser gesamte Mittelteil ist wohl Geschmackssache und für den ein oder anderen vielleicht etwas zu seicht. Musikalisch bewegt sich das Ganze dennoch immer auf sehr hohem Niveau.

Wer sich das Album aber am Stück anhört wird am Ende nochmal für das aufmerksame Zuhören belohnt. Der letzte Song The Great Work hält was der Titel verspricht. Dem Booklet entnimmt man, dass es sich diesmal sogar um einen viergeteilten Song handelt. Wieder 18 Minuten Laufzeit. Auch diese machen durchweg Spaß. Heavy Riffs, irre Saxophon und Gitarren-Soli, geflüsterte Lyrics und ein gelungenes Outro. Alles was wir die letzte Stunde über gehört haben, wird hier im letzten Song nochmal eindrucksvoll aufgenommen.

So ein komplexes Album findet man wohl selten. Benutzen die Belgier doch tatsächlich über ein dutzend Instrumente. Darunter vier alte Keyboards (Hammond, Korg MS, usw.) die den Tracks einen charmanten Retro-Charakter verleihen. Wer Musik als seine Leidenschaft bezeichnet holt sich mit Legacy einen kleinen Schatz in die Sammlung. Dem Album sollte man aber wirklich soviel Aufmerksamkeit schenken wie es ihre Schöpfer offensichtlich getan haben. Während Hypnos 69 Pink Floyd und King Crimson Tribut zollen verneigen wir uns vor den Belgiern.

1. Requiem (for a dying Creed)
I – Within this Spell
II – Visions/within this Spell (reprise)
III – A Requiem For You

2. An Aerial Architect
3. My Journey to the Stars
4. The Sad Destiny We Lament
5. The Empty Hourglass
6. Jerusalem
7. The Great Work
I – Nigredo
II – Albedo
III – Citrinitas
IV – Rubedo

Laufzeit: 72 Minuten

Anspieltipps: Requiem, An Aerial Architect, The Great Work

 Trivia: Das wunderschöne Cover kommt von „Stoner-Art“-King Malleus!

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Rotor – 4

Drei Jahre hat sich das Berliner Trio seit Ihrem letzten Longplayer Zeit gelassen, doch jetzt liegt die frisch gebackene Scheibe 4 auf dem Plattenteller. Und RotoR machen da weiter, wo sie 2007 mit 3 aufgehört haben, mit ihrem typischen, treibenden Instrumental-Stoner-Rock. Mittlerweile ist der eigene Stil zwar unverkennbar geworden, aber trotzdem gibt es auch Überraschungen auf dem neuesten Werk der Jungs, die bereits ihr 12-jähriges Bestehen feiern können.

Der Anfang des Albums liefert mit Präludium c.v. ein Klavierintro, bevor dann mit Gnade dir Gott und Karacho/Heizer die RotoR-typische Gitarren-Breitseite kommt. Insbesonder Gnade dir Gott überzeugt mit treibenden Drums, genial-verspielten Bassläufen und heavy-psychedelischer Gitarre. Im Mittelteil entspannt sich alles leicht und wird etwas jazzig.
Schön vorwärts rockend geht es mit An3R4 weiter, ein Song, der vor Energie nur so strotzt und in dem die Band mit Vocals experimentiert (Gastsänger ist André Dietrich von Dÿse). Meiner Meinung nach eine echt gelungene Abwechslung. Sehr stimmiger Song, zu dem der Gesang passt, wie die Faust aufs Auge.

Der nächste Titel, Costa Verde, nimmt dann das Tempo etwas heraus und überzeugt stattdessen mit verträumten Melodielinien und einem schönen, schleppenden Ausklang. Bei Derwisch und Drehmoment dürfen dann wieder guten Gewissens die Haare im Kreis fliegen, man hat bei den fett bratenden Riffs sowieso keine andere Chance, als im Takt mitzugehen.
Drehmoment besticht durch ein abgehacktes Hauptriff und groovigen Rhythmus und Derwisch durch spannende Tempo- und Stimmungswechsel.

Mit dem längsten Song der Platte, Die Weisse Angst, wird eine beklemmende Atmosphäre aufgebaut, die sich durch die fast acht Minuten hinweg durchzieht und aufs Ende zu immer wieder von treibenden Riffs gepusht wird. Als krönenden Abschluss covern RotoR noch Neatz Brigade von The Obsessed, der zweite Titel mit Gesang und eine wirklich gelungene Adaption des Originals.

Alles in allem bleiben RotoR sich selbst treu und haben trotzdem den Mut gehabt, neues einzubauen. Wer die Band schon etwas kennt hört von der ersten bis zur letzten Minute genau ihre Handschrift heraus. Und mit der haben sie noch nie etwas falsch gemacht.

1. Präludium c.v.
2. Gnade dir Gott
3. Karacho/Heizer
4. An3R4
5. Costa Verde
6. Derwisch
7. Drehmoment
8. Die weisse Angst
9. Neatz Brigade

Gesamtspielzeit: 42:00

Anspieltipps: Gnade dir Gott, An3R4, Drehmoment

erschienen auf elektrohasch

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The Kings Of Frog Island – III

The Kings Of Frog Island ist eine Psychedelic/Space-Rock Band aus England und hat nun ihr drittes Album unter dem deutschen Label Elektrohasch Records veröffentlicht. Hierzulande sind sie noch nicht allzu bekannt, doch vielleicht kann ich mit diesem Review ein paar Leute mehr erreichen, sich die Band mal reinzuziehen, denn es lohnt sich!

Das Dritte Album der Kings of Frog Island bildet den Abschluss ihrer Trilogie und ist sogleich das anspruchsvollste. Während Nummer Eins eher die 60er/70er Hardrock- und Stoner-Schiene bedient, und nach einer Mischung aus Cream, Black Sabbath und Crosby, Stills & Nash klingt, wird Nummer Zwei härter, doomiger und tiefer, sogar leichten Drone Doom kann man in manchen Songs ausmachen. Das Ende bildet also Nummer Drei, und auch hier wird man neue Wege gehen.

Laute Trommel- und Paukenschläge eröffnen das Album mit dem Song In Memoriam, ein Publikum scheint im Hintergrund zu murmeln, ein Hund bellt, ein Rabe kräht, daraufhin ruft ein Mann etwas, das schwer verständlich ist, was zusammen mit den sich wiederholenden Trommelwirbel an einen Militärmarsch erinnert. Erst richtig los geht’s mit dem zweiten Song, ein typischer Stoner/Bluesrock-Song, langsam und monoton mit bluesigem Gesang und wummernden Gitarren, ebenso der dritte Song, der von einem hypnotischen Gesang unterlegt wird.

Dark On You dagegen ist eine sehr melancholische Ballade, die schwer und düster daherkommt, was stark an manche Pink Floyd Songs erinnert. Psychedelisch wird es dann mit dem nächsten Stück, The Keeper Of …, das sich langsam aufbaut, während die Gitarren eine Soundwand aus verstörenden Soli errichten und der Sänger sich durch ein Summen in Trance singt und sich langsam weg von dieser Erde beamt.

Der nächste Abschnitt des Albums beginnt mit More Than I Should Know, in dem sowohl die Gitarren als auch der Gesang im Duett spielen und dessen psychedelische Wirkung durch den schwebenden Orgelsound unterstützt wird. Dieser Song ist jedoch erst der Auftakt zur Ode To Baby Jane, ein Soundtrack zur Reise durch das Universum. Space Rock pur. Beide Songs bilden eine Einheit und eröffnen den zweiten Abschnitt des Albums, der im Gegensatz zum tragischen und schweren ersten Abschnitt, postive Energie verstreut. An Effekten wird dabei nicht gespart, es wird alles daran gesetzt, den Hörer möglichst Weit in die Unendlichkeit zu schicken.

A Cruel Wind Blows greift dagegen wieder den schweren ersten Abschnitt auf. Mit poetischem Gesang und Akustik-Gitarre wird man auf den nächsten Abschnitt vorbereitet, der sich schließlich in einem Black-Sabbath-typischen Rockbrett entlädt und dann wieder ruhig endet. Der letzte Song, Gallowtree Gate ist eine Fortsetzung des Intros – laute Trommelschläge, aber diesmal mit tragischem Gesang und mächtigen Gitarren.

Die Kings of Frog Island liefern hier somit ein Konzeptalbum ab, welches im Ablauf sehr durchdacht ist. Ein Spannungsbogen zieht sich durch das ganze Album – es beginnt langsam und monoton, baut dann durch Tragik die Spannung auf und entlädt sich dann im zweiten Abschnitt, sozusagen die Erholungspause für den Zuhörer, um ihn schließlich wieder in den Bann zu ziehen.

Das Album endet mit dem Geräusch einer sich schließenden Tür, jemand verlässt den Raum, das Ende der Trilogie ist erreicht.

Den Titel als Progressive Rock Band hätten sie durchaus verdient, alle drei Alben sind sehr abwechslungsreich und bieten von der traurigen Ballade bis zum heftigen Stoner Rockbrett alles, was man sich an Rockmusik so wünschen kann. Persönlich gefällt mir das erste Album am besten, vielleicht weil es das eingängigste ist, doch insgesamt kann man sagen, dass sie mit der Trilogie ein kleines Meisterwerk geschaffen haben.

Beim Hören merkt man schnell, dass das neue Album das anspruchsvollste der Drei Alben ist. Tragik und Melancholie dominieren den Großteil des Albums – mal abgesehen vom entspannten Mittelteil. Dadurch kommt das Album nicht so lässig rüber wie die ersten beiden Alben, stilistisch ist man hier neue Wege gegangen, ob zum Guten oder Schlechten bleibt jedem überlassen, vielleicht wird man etwas enttäuscht sein, dass der Stil nicht so weitergeführt wurde. Dennoch ist das Album sehr gelungen und entfaltet erst dann seine volle Wirkung, wenn man in der passenden Stimmung dafür ist.

Anspieltipps: Ode To Baby Jane, More Than I Should Know, A Cruel Wind Blows

In Memoriam

Glebe Street Whores

Bride Of Suicide

Dark On You

The Keeper Of..

More Than I Should Know

Ode To Baby Jane

I Ain’t Sorry

A Cruel Wind Blows

Gallowtree Gate

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