Review: Colour Haze – She Said (ENG & GER)de en

Colour Haze - She Said

Schwere Geburt: She Said.

She Said

Colour Haze

Lange mussten wir warten. Vier Jahre. So lange wie noch nie in der Geschichte von Colour Haze. Immer wieder kam es zu Problemen bei der Fertigstellung der neuen Scheibe. Die hier aufzuführen würde jeglichen Rahmen sprengen. Was zählt ist aber nicht die Zeit die wir warten mussten, sondern die, zu der wir der Musik lauschen dürfen.

Betrachtet man allein die enorme Spielzeit, scheint sich das Warten schon gelohnt zu haben. 80 Minuten noch nie gehörtes Material. Ein Werk, bei dem man gar nicht weiß, wo man anfangen und schon gar nicht mit welchen Worten man es umschreiben soll. Okay, Transformation haben wir wohl alle schon dutzende Male konsumiert und mittlerweile als Klassiker ins Herz geschlossen.

Eine ähnlich lange Laufzeit (fast 20 Minuten), hat auch das Titelstück, das gleichzeitig als Opener dient. She Said beginnt ruhig. Sehr ruhig. Langsam finden sich Summen und Gitarrenspiel von Stefan und Philipps Bass, mit einem Klavier und Manfreds sporadischen Schlägen zusammen. Als würde man sich nach jahrelanger Pause wieder treffen. Die angestaute Energie scheint sich jetzt Stoß weise zu entladen. Mit dem Beginn von Stefans Gesang erstrahlt zwangsläufig ein Lächeln auf unseren Gesichtern. Wenn dann auch noch in gewohnter Colour Haze-Manier der Song vor Energie völlig allein vorangetrieben zu werden scheint, vergisst man nicht nur die Musiker hinter den Instrumenten, sondern auch, dass es sich hierbei gerade mal um den ersten Song der Platte handelt. Allein hierfür sind schon mehrere Hördurchläufe nötig, um den Song in allen Facetten auf nehmen zu können.

Es wimmelt im ganzen Album nämlich nur so vor zusätzlichen Instrumenten! Mehrere elektromechanische Klaviere, Synthesizer und klassischer Flügel finden wir in der Tastenabteilung. Congas und Glockenspiel in der Schlagabteilung. Hörner, Trompete und Posaune bei den Blasinstrumenten. Und neben den Backing-Vocals, dürfen auch die Streicher nicht vergessen werden. Wahnsinn.
So wird der melodische, Gitarren-lastige, von einer warmen natürlichen Schwere geschwängerte Sound, an fast jeder Ecke erweitert. Dadurch hätte She Said wie eine große Baustelle enden können, stattdessen atmet das Album wie ein wachsender, pulsierender Organismus, der sich in alle Richtungen entfalten will. Die Rhythmusabteilung wechselt dabei zwischen euphorischem Vorantreiben und gekonntem Zusammenhalten.

Die acht Songs werden nicht von direkten Pausen geteilt, sondern durch Geräuschaufnahmen zu einem großen Ganzen zusammengefügt. In die kürzere Fraktion fallen der zweiminütige Orgel-Rocker This und Slowdown, in dem Stefan weibliche Unterstützung am Gesang bekommt.

Manch einer mag die Essenz des Sounds von Colour Haze schon in den Vorgängeralben gefunden haben, denn obwohl es hier einiges an Experimenten zu finden gibt, entdecken wir keine wirklichen Sonderlinge, vielmehr erwarten den Hörer Variationen von dem, wohin sich der Sound der Münchener in den letzten paar Jahren entwickelt hat.

Songs wie Stand-In… und Rite, fallen dabei von der Instrumentenvielfalt weniger aus dem Rahmen, und erinnern viel eher an Tempel oder All und scheinen damit auch live ohne zusätzliche Musiker realisierbar zu sein.
Grace dagegen endet mit einer geradezu orchestralen Instrumentalisierung und verleiht dem Opus ein episches Finale. Nach einer bald zwanzigjährige Bandgeschichte, haben Colour Haze ein weiteres mal bewiesen, dass es immer noch weitergehen kann. Dass man nicht auf der Stelle treten muss. Dass sich warten lohnen kann.

Nur eines sollte einem klar sein: So viel Zeit, Aufwand und Liebe, wie in das Album gesteckt wurde, wird in gleichem Maße auch vom Hörer verlangt. Wer aufmerksam zuhört wird belohnt. Mit einem solchen Album im Plattenschrank scheint ein weiteres vier-jähriges Warten gar nicht so schlimm. Hoffen wir trotzdem, dass es nicht noch einmal so lange dauert.

LP 1:
1. She Said
2. This
3. Transformation

LP 2:
1. Breath
2. Slowdown
3. Stand In…
4. Rite
5. Grace

Laufzeit: ca. 82 min

Anspieltipps: Müsst ihr dieses mal selbst raus finden.

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