Lo Sound Desert: Crowdfunding for final DVD-Releasede en

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Die Desert-Rock Dokumentation Lo Sound Desert dürfte jedem in der Stoner-Rock Szene ein Begriff sein. In den letzten Jahren tauchten immer wieder neue Trailer und Teaser auf, welche auf ein baldiges Erscheinen des Films schließen ließen. Bisher musste der Berliner Filmemacher Joerg Steineck, der schon mit der Veröffentlichung der ungewöhnlichen und viel gelobten Truckfighters Fuzzomentary im Jahr 2011 in der Szene von sich reden machte, die Fans jedoch immer wieder auf ein späteres Erscheinungsdatum vertrösten.

Doch jetzt ist der Film tatsächlich fertig. Um ihn nun noch veröffentlichen zu können, ist Steineck, nach dem Tragen des Großteils der Produktionskosten, auf die Unterstützung der Szene angewiesen. In diesem extensiven Interview mit stonerrock.eu zeichnet der Filmemacher den langen Produktionsweg nach und erklärt, warum Lo Sound Desert von jedem Desert-Rock Enthusiasten gesehen werden sollte.


Joerg, deine Dokumentation über die einflussreiche und vielseitige Musikszene der Mojave Wüste ist ohne Frage ein Langzeitprojekt. Jetzt ist Lo Sound Desert endgültig im Kasten und die Veröffentlichung rückt in greifbare Nähe. Der Film feierte Ende Januar vor circa 350 Leuten, auch im Beisein zahlreicher Musiker in Palm Desert seine Sneak-Preview. Was hast du an Reaktionen und Feedback vom Publikum mitbekommen?

Zugegeben – ich war vorbereitet auf stark gemischte Reaktionen des Publikums vor Ort. Es ist sicherlich einerseits einfach Leute mit Dingen zu beeindrucken, die Ihnen persönlich emotional nahe stehen, – in diesem lo_sound_desert_brant_bjorkFall die filmische Aufbereitung ihrer Jugenderfahrungen. Aber wenn man es falsch anstellt, geht so etwas schnell schief und Leute fühlen sich fehlinterpretiert oder missverstanden.
In diesem Fall aber, und ich bin recht stolz hier nicht übertreiben zu müssen, war es ein voller Erfolg. Ich konnte leider aus Zeit- und Kostengründen nicht anreisen, aber viele gratulierten bereits am nächsten Tag oder noch ein bis zwei Wochen später per Email, wie gut sie den Film fanden und wie nahe er ihnen ging. Es sei „viel gelacht aber auch geweint worden“ (Letzteres wohl aus sentimentalen Gründen, die sich daraus erschließen, wenn Leute sich mit ihrer Jugend konfrontiert sehen. Vielleicht auch unter Alkoholeinwirkung.).
Der beste Moment aber war, als mir Mario (Lalli) beim letzten Fatso Jetson Konzert in Berlin auf sehr emotionale Weise verdeutlicht hat, wie „fantastisch er ihn fand“. Ganz ehrlich- das war sehr befreiend nach all den Rückschlägen der vergangenen Jahre. Da weiß man, die 9 Jahre harte Arbeit und der ganze restliche Scheiß haben sich irgendwo gelohnt.


In den letzten Jahren hat die Wüstenrock-Szene sehr viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Erwähnung fand sie unter anderem in der Dokumentation Such Hawks Such Hounds und weitere Filme sind in der Mache. Inwiefern unterscheidet sich dein künstlerischer Ansatz von diesen?

Zuerst unterscheidet er sich vor allem durch die Zeit, die er gebraucht hat „sich zu entwickeln“. In diesem Fall war es wirklich eine Entwicklung, die, wie erwähnt, geprägt war durch viele Verzögerungen und Rückschläge. Ich bin aber davon überzeugt, dass es generell für ein gutes Ergebnis ein gewisses Maß an Zeit braucht, die aus etwas Durchschnittlichem etwas Besseres macht. lo_sound_desert_quote_de_01Ein Unterschied bei Lo Sound war sicherlich auch der Anspruch, die kreative Gesamtkontrolle zu übernehmen. Irgendwann nach vielen gescheiterten Kooperationen war klar, dass das Ganze nur für mich funktionieren würde, wenn ich mich um ALLES selbst kümmere. – War natürlich ein großer Irrtum, zumindest was die Finanzierung betraf, aber rein stilistisch ist es letztlich genau das geworden, was es zu Beginn werden sollte: Eine anspruchsvolle Do-It-Yourself Doku über außergewöhnliche DIY-Musiker, umgeben von einer fast unwirklichen Landschaft, die Kreativität zu brüten scheint.
Letztendlich ist genau das der wesentliche Punkt von Kreativität und zugleich das, was einem eben diese Landschaft vermittelt: Etwas zu machen, – mit dem Anspruch, den eigenen Anspruch zu übertreffen und gleichzeitig mit dem Geringsten auszukommen.
Ich weiß, viele kürzlich erschiene Dokumentationen über ähnliche Themen schmückten sich genau mit diesen Worten, positiv aus der Masse hervorzustechen. Ich möchte aber behaupten- in diesem Fall stimmt es. „Lo Sound Desert“ ist ein genauso unwirklich anmutender Film geworden, wie die Umgebung in der er spielt. Er verzichtet auf Hochglanz und kommt ästhetisch einer abstrakten, sandigen Landschaft gleich, manchmal bunt aufgewirbelt durch brachiale Punk Rock-Attitüde. Er veranschaulicht trocken faktische Hintergründe und reanimiert gleichzeitig die sehr spezifische Atmosphäre der 80iger und 90iger Jahre in einer rotzigen Erzählform.
Er ist sehr unterhaltend.


Man möchte meinen, die Preview in der Wüste bilde das Ende des langen, steinigen Weges von Lo Sound Desert. Wodurch kamen die erheblichen Verzögerungen zustande?

Hauptgrund waren Komplikationen mit Menschen und Musikrechten. Während der Produktion hatte ich mindestens zweimal versucht, den Film von Produktionsfirmen co-produzieren zu lassen. Dies hätte sicherlich einiges beschleunigt und meine eigenen Kosten reduziert. Ich musste aber schnell feststellen, dass meine Ursprungsidee des Films sich stark von denen der eher Business-orientierten lo_sound_desert_freewayProduktionsfirmen unterschied. Letztlich führten diese Versuche also nur zu Verzögerungen durch Erwartungen, die nicht bestätigt wurden. Zweimal innerhalb dieser 9 Jahre startete ich dann wieder mehr oder weniger von Punkt 0, weil Ideen verworfen werden mussten.
Zudem fiel es mir lange Zeit sehr schwer, an originales Film-/Fotomaterial zu gelangen. So etwas funktioniert nur über Beziehungen: Man muss sich die „desert communities“, zumindest was das Zusammengehörigkeitsgefühl betrifft, eben wie das jeder anderer Kleinstadt vorstellen. Es gibt durch den engen Zusammenhalt auch eine gewisse Form von Vorsicht gegenüber Fremden, – ganz egal, ob es sich dabei nun um einen Europäer oder einen vorbeischauenden Urlauber aus LA handelt. Vertrauen ist wichtig, um an die wichtigen Zeitzeugnisse zu gelangen. Dies kam erst Zustande, als ich Mario (Lalli) für das Projekt erwärmen konnte: Nach bereits vierjähriger Recherche, standen mir die Türen plötzlich offen. Ab dann war nur noch die kalifornische Tiefenentspannung ein Faktor, der die Dinge etwas verlangsamte. Und letztlich die endlose Bürokratie mit den Major Labels.


Wie bist du mit den fehlgeschlagenen Produktionsfirmen-Kooperationen umgegangen und inwieweit haben diese deine Arbeit am Film beeinflusst? Bist du rückblickend froh, alles selbstständig bewältigt zu haben oder denkst du dir manchmal auch „Verdammt, ich hätte den weniger beschwerlichen Weg nehmen und dafür etwas von meiner ursprünglichen Idee abrücken sollen.“?

Dass es hinterher mit den Produktionsfirmen nicht geklappt hat, habe ich eigentlich über die gesamte Zeit nie lange bereut. Klar, gescheiterte Koop-Versuche sind kurz danach immer recht enttäuschend, vor allem auf menschlicher Ebene. Aber die Freiheit zu haben, dass es hinterher genau dem entspricht, was man sich zu Beginn als Ziel gesetzt hat, entschädigt letztlich für alles.
Sehr oft bestärken mich solche Erfahrungen aber eher, und ich glaube, dadurch hat der Film noch etwas mehr an „anarchistischer“ Fahrt hinzugewonnen.


Um die Doku international veröffentlichen zu können, bist du erneut auf eine Crowdfunding-Kampagne angewiesen. Der Film ist doch fertig, was steht der Veröffentlichung jetzt noch im Wege?

Die nötige Finanzierung, den Film herausbringen zu können, das Bezahlen von Musikrechten von Bands, die es in den 90ziger Jahren auf Major Labels geschafft hatten.
lo_sound_desert_quote_de_02Glücklicherweise haben die meisten Bands, die im Film vorgestellt werden von finanzieller Vergütung abgesehen, sonst wäre dieser Film nie zustande gekommen. Als eher kreativ-orientierter, Business-fremder DIY Filmemacher habe ich aber den Nachteil wenige Kontakte zum Musik-„Business“ zu pflegen, die mir helfen könnten derartige Kosten gering zu halten: Musikrechte bei Major Labels sind recht kompliziert, nicht mal die Musiker selbst könnten hierbei helfen, Preisminderung zu erwirken. Ich bezahle somit den vollen Preis an Musikrechten.
Ein weiterer Verzögerungsgrund für die Fertigstellung des Films waren auch zahlreiche Versuche, dieses Problem zu umgehen, indem ich auf derart teure Musik verzichte. Letztlich wird mir jeder zustimmen, kann man die Geschichte des Desert- Rock nicht erzählen, wenn man aus Kostengründen auf Kyuss und QOTSA verzichtet.


Welchen Betrag benötigst du für die Umsetzung deiner Ziele und wie wird die Crowdfunding-Kampagne aussehen?

Die Musikrechte allein benötigen einen Betrag von circa 6000,- Euro. Dazu kommen noch weitere Produktionskosten, z.B. für DVD’s etc., ca. 3500,- Euro. Ich selbst werde, um den Film promoten und ihn lo_sound_desert_myke_batesbei Festivals einreichen zu können noch eine erhebliche Summe investieren müssen. Ich mache mir nichts vor, es ist ein Genre-Film, und ich kann nicht damit rechnen, jemals auch nur die Produktionskosten, die nach 9 Jahren in den Film flossen, wieder zu erwirtschaften. Aber die nun anstehenden Kosten können nicht von mir allein getragen werden.
Benötigt wird ein Mindestbetrag von 9500,- Euro. Dafür initiiere ich eine Alles-oder- Nichts Kampagne. Das ist viel Geld, zugegeben. Wir bieten dafür einige nette Perks, DVD’s und Downloads, sogar Right-Away-Downloads der „Truckfighters Fuzzomentary“ und ein paar exklusivere Sachen für die-hard Fans der Szene.
Ich hoffe, dass die Desert-Rock Gemeinschaft besonders den DIY-Anspruch hinter dem Film und den Einsatz zu schätzen weiß und mich unterstützt, ihn so bald wie möglich herausbringen zu können.


Wird es auch öffentliche Screenings von Lo Sound Desert geben?

Eine Kinoauswertung? Geplant ist es zumindest. Aber dazu müssen einige andere Faktoren gewährleistet sein. Dies wird sich auch aus dem Erfolg der Kampagne ergeben. Sollte das Ziel erreicht werden, und wir darüber hinaus noch ein Plus erzielen, dann stehen die Chancen gut für eine kleine Tour durch Genrekinos. Vielleicht auch zusammen mit dem Film über die Truckfighters, wer weiß?


Diese Kampagne entscheidet, ob deine Dokumentation jemals eine offizielle Veröffentlichung erfahren wird oder auf deiner Festplatte verstaubt. Nach all den Komplikationen und Verzögerungen: Was bedeutet dir dieses Projekt?

Wenn man über einen derart langen Zeitraum an einem solchen Projekt arbeitet, wird es zur Herzensangelegenheit. Und die Frage, ob man durch zwischenzeitlich aufkommende Probleme das Projekt _lo_sound_desert_pictureshinwirft und aufgibt, stellt sich irgendwann nicht mehr. Also macht man weiter, selbst wenn das Budget knapp wird: Die erste Funding Campaign in 2011 brachte rund 3000 Euro ein und gewährleistete, dass die letzten Szenen in Kalifornien gedreht werden konnten. Dennoch war es auch bereits klar, dass eine weitere folgen müsse. – Allein um später die Kosten der Musikrechte decken zu können. Das Machen anspruchsvoller Filme ist leider teuer, und der Fan als Konsument ist nicht zwingend mit all den finanziellen Barrieren vertraut, die ein solches Projekt mit sich bringt. Aber eine Person alleine kann nicht den größten Teil davon selbst tragen. Ich für meinen Teil habe neben Zeit und Geld auch 100 Prozent Herz und Seele in diesen Film gesteckt aber bin nun an diesem Punkt angelangt, an dem ich den weiteren Verlauf denjenigen überlassen muss, die den Film sehen wollen.
Und ich bin, erst recht nach der vielversprechenden Preview im Januar, der festen Überzeugung, dass dieser Film von Fans sehr gerne gesehen werden wird.

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