Desertfest Berlin – Festivalreview – Tag 2 (Freitag)

Tag zwei. Kater zwei. Jaja, das Festivalleben ist hart. Wo wir zum Festsaal Kreuzberg noch gemütlich laufen konnten, müssen jetzt zwei U-Bahn-Stationen gefahren werden. Das Astra Kulturhaus liegt gefühlt abseits, aber eigentlich mitten drin. An ein Bahnhofsgelände anliegend wartet der Innenhof und die Gebäude mit Ruinen und – Graffitifeeling auf uns. Anders als beim Festsaal, bietet uns das Festival jetzt auch diverse Essenstände, eine große Merchabteilung und eine Art Biergarten. Das lässt das Innenstadtfestivalherz höher schlagen! Wer es sich nicht irgendwo gemütlich macht, steht schon vorne an der kleinen Rockzillabühne, denn dort eröffnen Shrine ’69 Tag 2:

– Tim –

Wight

Ein junges Trio stürmt die Bühne. Wight aus Darmstadt starten einen Hexenkessel aus klassischem Stoner Metal und psychedelischen Vibes. Cool und selbstsicher eröffnen uns die Kyuss-und Black Sabbath-inspirierten Sympathieträger eine unterhaltsame, dauerheadbangende Rockshow. Wie ein Mammut so schwer, wird keine schüchterne Leichtfüßigkeit durchgelassen, so wie man sich die selbsternannten Wichte eigentlich vorstellt. Schon ihr Album „Wight Weedy Wight“ überzeugte sowohl Fans als auch Kritiker und dank ihrer intensiven, spaßigen und offenen Performance darf man sich auch schon auf den Nachfolger „Through the Woods into deep Water“ freuen.

– Ruth –

Glowsun

Glowsun sind wohl eine der Bands, die im letzten Jahr ähnlich wie the Machine oder Sungrazer einen großen Aufschwung mitgemacht haben, welcher, wie beim Desertfest bekannt wurde, bei der Up in Smoke IV Tour weitergehen kann. Dementsprechend legen die Jungs mit ihrem faszinierenden Wechselspiel aus wummernden Riffwänden und ruhigen psychedelischen Parts einen atemberaubenden Auftritt hin, welcher der einzige bleiben sollte, der mir über die volle Spiellänge Gänsehaut verschafft.

– Flo –

Triggerfinger

Triggerfinger aus Antwerpen/Belgien sind hier auf dem Festival schon eine Art Alt-Herren-Runde. Obwohl die Band bereits seit 1998 durch zahlreiche Festival- und Konzertauftritte ihr Können unter Beweis stellt, dürften die drei Musiker eine der meist unterschätzten überhaupt sein. Ohne mit ihrem Talent anzugeben oder zu protzen, fordern die drei Gentlemen zum Tanz auf. Kein Wunder, strahlte ihr letztes Album „All this dancing around“ sonnig aus den Boxen, aufgenommen im fast genauso sonnigen Kalifornien. Ihr innovativer Alternative Rock wird durch Ruben Blocks schmeichelnd-romantischen Gesang abgerundet, gleichzeitig formen jedoch der schwere Bass und die wabernden Drums einen wüstenlastigen, tief ins Knochenmark kriechenden Sound. Das beweisen vor allem Songs wie „I’m coming for you“ oder „Cherry“.
Man fragt sich, warum eine so einzigartige Band von den Medien weit weniger Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommt, als so manche redundanten Kollegen. Whatever, wir freuen uns mit Triggerfinger die Ehre zu haben bzw. ihnen diese zu erweisen und mit ihnen abzutanzen. Spaß haben sie ja sichtlich genug. Und wir erst.

-Ruth –

Mars Red Sky

Die Newcomer aus Frankreich kamen ein paar Stunden vor ihrem Auftritt direkt aus Polen. Polen war auch immernoch bei bzw. in ihnen als sie uns Backstage ein Interview geben. Wodka; man kennt das ja. Mit dem Gig beim Desertfest endet die Europatour für April. Daher sichtlich geschafft, aber dennoch sehr glücklich spielen sie einen schleppend-psychedelischen Zeitlupenrockepos nach einander. Wer sich voll drauf einlässt, bekommt einen genialen Trip ins All geboten. Die Songs ähneln sich zwar etwas, bestechen aber durch ihren einzigartigen Sound und Groove. Nachdem ich schon von der Platte begeistert war, konnten sie mich auch live überzeugen. Ich freu mich auf die Tour jetzt im Mai!

– Tim –

Amplifier

Musikalisch gesehen kann man die Engländer von Amplifier als die Außenseiter des Festivals bezeichnen. Haben sie doch gar nichts mit Sanddünen, Wüstenriffs und Blues-Rock am Hut, sondern schlagen ihre Wurzeln eigentlich durch die Erde des Progressive- und Alternative Rock.
Das Artwork ihres 2011 releasten Doppelwerkes „The Octopus“ überträgt sich auch auf die Performance, tragen die vier Mitglieder allesamt schwarze Uniformen mit „Octopus“-Emblem, wodurch die Band optisch jedoch etwas militant und ernst wirkt. Die Setlist ist zumindest bunter, das Quintett wiegt und prügelt sich – nebst des obgenannten Albums – auch durch ihr selbstbetiteltes Debüt und ihre EP „The Astronaut Dismantles HAL, mit ihrem wütend-romantischen Stück „ Continuum“ , das Sänger Sel Balamir von Beginn an mit seiner herrlich britischen, eleganten Stimme wohlig umhüllt. Just listen… „Is there music in there?“ fragt er… Und ob sie das ist!

– Ruth –

Truckfighters

Pünktlich um Viertel nach Zehn betraten die ersten Headliner des heutigen Tages die Bühne. Die Truckfighters aus Schweden, zur Zeit vorallem wegen ihres Dokumentarfilms in aller Munde. Dementsprechend voll, wenn nicht sogar übervoll war der Bereich vor der kleinen Rockzilla-Bühne. Vorallem bei den großen Hits wie Desert Cruiser, The New High oder Majestic drückten geschätze tausend Mann auf die ersten Reihen. Aber ausser ein paar blauen Flecken blieben hauptsächlich die Erinnerungen an ein großartiges Konzert und eine Band in Höchstform! Spielerisch und Unterhaltungstechnisch auf ganz hohem Niveau war es ein weiterer Höhepunkt des Desertfests… und mit mehr Körperkontakt als in einem Swingerclub!

– Kev –

Kommentar: Sie waren schon lange meine geheime Lieblingsband auf Platte und endlich durfte ich mir auch das Livespektakel zu Gemüte führen, welches von Anfang bis Ende einfach nur Oberhammer war. Alle Drei in Höchstform, ein Publikum in größter Partylaune. Da trübte auch die gerissene Saite und der kurze Verstärkerausfall Dango`s nicht. Eher schon die Räumlichkeit um die Massen unterzubringen. Für Kevin und mich in Reihe 0,5(mit einem Bein auf der Bühne) war es ein dauerhafter Kampf gegen die Massen von hinten anzukämpfen – so lag man zwischenzeitlich sogar mal mit auf der Bühne. Aber auch dadurch gewann alles nur noch mehr an Charme. Wenn es dazu dann noch von Pezo nen Stick und die Setlist gibt, dann muss das das persönliche Highlight des Wochenendes sein! – Flo –

Motorpsycho

Begeben wir uns in die Welt der Geschichtenerzähler. Und im Sinne des nächsten Auftrittes dürfte man dafür die richtige Band ergattert haben. Unter dem Motto „The Death Defying Unicorn“ begeben wir uns mit Motorpsycho und des ebenso aus Norwegen stammenden Jazzkeyboarders Ståle Storløkken auf eine weit über das menschliche Bewusstsein hinausgehende, wilde Odyssee – was uns da erwartet, hätte sich keine menschliche Seele erträumen lassen können. Die Reise führt uns quer durch experimentellen Progressive Rock und verstörende Jazz-Arrangements. Das Konzeptalbum ist der Kern ihres Auftrittes, ein Ritt durch Fantasie, Magie, die Suche nach der hohlen Erde bis an den Rand der Welt. Dieses eigenwillige und für Zuhörer sowohl musikalisch als auch lyrisch nicht gerade leicht verdaubare Konzept vermittelt jedoch nicht den Werdegang eines einsamen Seefahrers, sondern den eines Gemeinschaftsaktes, die Suche seine Ängste zu überwinden, das Ungewisse zu bestreiten und unter Umständen nie mehr zurückkehren zu können. So schlimm war es für das Publikum nun nicht, wir kamen alle heil nach Hause. Zum Abschluss gab’s noch den Klassiker Starhammer ihrer „Heavy Metal Fruit“ auf die Ohren. Die Vorstellung, einmal Kapitän auf einem Schiff zu sein, das dem Untergang geweiht ist, haben uns Motorpsycho mit diesem fulminanten Auftritt bestens präsentiert. Was man mit dieser Erfahrung anfängt, ist jedem Zuseher selbst überlassen.

– Ruth –

Grandloom

Zu später Stunde machten es sich die drei Jungs von Grandloom zur Aufgabe, den Freitag mit einer ordentlichen Portion psychedelischen Stoner-Jam-Rock gebührend abzuschließen. Der extrem gute Sound vor der kleinen Bühne trug viel dazu bei und so schepperten derbe Riffs, groovten coole Basslinien und schwirrten verspielte Melodien in die Gehörgänge der verbliebenen Nachtschwärmer. Die Songs ihres Debuts kamen gut an und aus dem guten Zusammenspiel konnte man einige Live-Erfahrung ableiten. Auf jeden Fall das beste Konzert das ich je von Grandloom gesehen habe und ein würdiger Abschluss des Tages!

– Kev –

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Teil drei coming soon!